Überpositives Recht = Naturrecht = Recht der Vernunft
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Überpositives Recht oder Naturrecht genannt.
Als "positives Recht" wird jenes Recht angesehen, welches vom Menschen erschaffen worden ist. Das Gegenteil hierzu ist das "überpositive Recht" oder "Naturrecht": bei diesem handelt es sich um ein Recht, das vom Menschen lediglich entdeckt wird.
Der Begrifflichkeit des überpositiven Rechts liegt die Annahme zugrunde, dass jeder Mensch von Natur aus unveräußerliche Rechte besitzt, welche in enger Verbindung zu den Grundrechten stehen: wie diese sind auch die überpositiven Rechte unabhängig von Alter, Geschlecht, Wohnort etc. des Individuums.
Eine kleine Randbemerkung:
Die Radbruchsche Formel
„Der Konflikt zwischen der Gerechtigkeit und der Rechtssicherheit dürfte dahin zu lösen sein, daß das positive, durch Satzung und Macht gesicherte Recht auch dann den Vorrang hat, wenn es inhaltlich ungerecht und unzweckmäßig ist, es sei denn, daß der Widerspruch des positiven Gesetzes zur Gerechtigkeit ein so unerträgliches Maß erreicht, daß das Gesetz als "unrichtiges Recht" der Gerechtigkeit zu weichen hat. Wo Gerechtigkeit nicht einmal erstrebt wird, wo die Gleichheit, die den Kern der Gerechtigkeit ausmacht, bei der Setzung positiven Rechts bewußt verleugnet wurde, da ist das Gesetz nicht etwa nur 'unrichtiges Recht', vielmehr entbehrt es überhaupt der Rechtsnatur.„
Gustav Radbruch, Gesetzliches Unrecht und übergesetzliches Recht, in: SJZ 1946, Sp. 105 (107)
...und noch ein Beispiel:
Urteil Bundesverfassungsgerichts
BVerfG 2 BvG
1/51 vom 23. Oktober
1951, II. Senat, Leitsatz 27
"Das
Bundesverfassungsgericht erkennt die Existenz überpositiven, auch den
Verfassungsgesetzgeber bindenden Rechtes an und ist zuständig, das gesetzte
Recht daran zu messen."
Lesen Sie nachher auch Überpositives Recht 2
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das in das menschliche Individuum eingeschriebene und wirkende Naturgesetz (Fähigkeit zur Selbsterkenntnis und Orientierung des Gewissens) im Unterschied zu den von den Menschen so definierten rein instinktiven Naturgesetzen des Tierreiches,
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Thomas Hobbes (begrenzt)
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Gottlieb Hufeland (Jena)
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John Locke (umstritten)
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Gustav Radbruch (nach 1933)
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Gustav Radbruch (bis 1933 - allerdings strittig)
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Klaus Pokatzky: „Ein Naturrecht auf Widerstand?“ In: Die Zeit, 06.05.1983
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↑ De legibus I – de natura hominis et iuris et civitatis – Cic.leg. 1, 15-30 – De institutis rerum publicarum ac de optimis legibus: Die Herleitung des Rechts aus der Natur (des Menschen).
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↑ Vgl. etwa Hugo Grotius: De iure belli ac pacis (Über das Recht in Krieg und Frieden). 1625.
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↑ Samuel von Pufendorf: De iure naturae et gentium (Über das Natur- und Völkerrecht). 1672; ders.: De Officio Hominis et Civis prout ipsi praescribuntur Lege Naturali. 1673.
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↑ Christiani Wolfii Philosophia Practica Universalis, Methodo Scientifica Pertractata, pars prior, theriam complectens, qua omnis actionum humanarum differentia, omnisque juris ac obligationum omnium, principia, a priori demonstrantur, 1738 Frankfurt und Leipzig, Nachdruck durch Georg Olms Verlag, 1971 Hildesheim und New York §§129.130.135.273
Grundsätze und Erklärungen
Die Berufung auf überpositives Recht geht davon aus, dass bestimmte Rechtssätze unabhängig von der konkreten Ausgestaltung durch die Rechtsordnung „schlechthin“ Geltung beanspruchen und somit durch einen positiven Akt der Rechtsetzung weder geschaffen werden müssen, noch außer Kraft gesetzt werden können.
Der Begriff Naturrecht oder überpositives Recht ist eine rechtsphilosophische Bezeichnung für das Recht, das dem durch soziale Normen geregelten gesetzten oder positiven Recht vorhergeht und übergeordnet ist. Die Naturrechtslehre steht im Gegensatz zum Rechtspositivismus.
In vielen positivrechtlichen Regelungen finden sich Normen des Naturrechtes, die entweder zum Zweck der Rechtssicherheit ausformuliert sind oder auf eine konkrete Situation detailliert angewendet werden.
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Definition
Dem Begriff des Naturrechts kann die Überzeugung zugrunde liegen, dass jeder Mensch „von Natur aus“ (also nicht durch Konvention) mit unveräußerlichen Rechten ausgestattet sei – unabhängig von Geschlecht, Alter, Ort, Staatszugehörigkeit oder der Zeit und der Staatsform, in der er lebt. Dazu gehören das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit oder das Recht auf persönliche Freiheit. Die Naturrechte werden demnach als vor- und überstaatliche „ewige“ Rechte angesehen.
Daneben gibt es eine Auffassung von Naturrecht als „Recht des Stärkeren“. Unter der Voraussetzung der Gemeinnützigkeit bedeutete dies, dass gleiche Rechte den Sieg der besseren Leistung über angestammte Berechtigungen ermöglichen sollten. In Sozialdarwinismus und Faschismus hat sich daraus allerdings ein paradoxes „angestammtes Recht der besseren Leistung“ ergeben.
Die Idee der Naturrechte (in beiden Ausprägungen) reicht bis in die griechische Antike zurück und gewann im Zeitalter der Aufklärung (17. bis 18. Jahrhundert) politische Bedeutung. Sie befand sich in Opposition zum christlich-mittelalterlichen Verständnis der Gnade, demgemäß Eigenschaften wie Leben oder Freiheit durch gnädige Autoritäten wie Gott oder den Fürsten persönlich und willkürlich verliehen seien, ohne dass ein Recht darauf bestehe.
Ein Beispiel aus der Politik kann diese Haltung veranschaulichen:
Naturrechtlich ließe sich argumentieren, eine humanitäre Intervention sei gerechtfertigt, da aufgrund des Naturrechts eine generelle Pflicht bestehe, Menschen zu helfen, auch solchen, die nicht der eigenen Gemeinschaft angehören. Eine solche Intervention kann jedoch durch positives Recht rechtswidrig sein.
Ferner versteht sich das Naturrecht als Maßstab und Korrektiv des positiven Rechts.
Ursprung und geschichtliche Entwicklung
Die Berufung auf überpositives Recht geht davon aus, dass bestimmte Rechtssätze unabhängig von der konkreten Ausgestaltung durch die Rechtsordnung „schlechthin“ Geltung beanspruchen und somit durch einen positiven Akt der Rechtsetzung weder geschaffen werden müssen, noch außer Kraft gesetzt werden können.
Vorstellungen einer überpositiven Normsetzung gibt es bereits seit der griechischen Antike. Diese hatten allerdings noch keine Verbindlichkeit, sondern galten nur als erstrebenswertes individuelles Ziel. Sowohl die Kritik an der unterschiedlichen Behandlung der Menschen durch positive Gesetze wie die Kritik an der Entwicklung der Gesetze überhaupt zum Vorteil der Schwachen ist in der Antike belegt (Platons Antiphon, Orator und Kritias, oder Ciceros De legibus[1]).
„Legum denique idcirco omnes servi
sumus ut liberi esse possimus.“
„Schließlich
sind wir alle Diener der Gesetze deswegen, um frei sein zu
können.“
– Cicero:
Pro Cluentio 53, 146.
Eine erste einflussreiche Synthese der beiden Ursprünge versuchte Thomas von Aquin. In der scholastischen Moraltheologie und im Zeitalter der Aufklärung erlangten Naturrechtslehren erneut Bedeutung. Besonders einflussreich in der Ausformung eines liberal bestimmten Naturrechtsgedanken waren hier die Protestanten Hugo Grotius mit seinem rechtsphilosophischen Werk[2] sowie mit seinem Privatrechtslehrbuch Samuel von Pufendorf[3]. Sie lösten das Naturrecht von der religiös-theologischen Basis des sogenannten göttlichen Rechts und sahen es als konstantes Wertesystem, das über Gesellschaftsmodelle hinausgeht und von ihnen unabhängig ist. Zu nennen ist in rechtspolitischer Hinsicht besonders John Locke, auf den sich die US-amerikanischen Gründerväter und insbesondere Thomas Jefferson bei der Formulierung der US-amerikanischen Unabhängigkeitserklärung stark bezogen.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde in Europa das Naturrecht stark verdrängt von der Historischen Schule, die geschichtlich gewachsene Rechtstraditionen und Gewohnheitsrecht als Quelle eines jeden Rechtssystems sah und die Differenz zum Rechtspositivismus einebnete. Hier ist als Vertreter vor allem Friedrich Carl von Savigny zu nennen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg und mit der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 gewann das Naturrecht wieder an Bedeutung. So ist nach herrschender Meinung etwa auch der Gottesbezug in der Präambel des deutschen Grundgesetzes nicht etwa als theologische Verfassungskomponente aufzufassen, sondern im Wesentlichen als eine Berufung auf das Naturrecht.[4]
Am Problem des Naturrechts wird die Überschneidung von Rechtswissenschaft und Philosophie bzw. Theologie immer wieder deutlich. Damit ist das Naturrecht nicht nur ein wesentliches Teilgebiet der Rechtsphilosophie, sondern auch der Rechtswissenschaft als solcher.
Quellen des Naturrechts
Die im Naturrecht gelehrten Rechtsprinzipien werden unterschiedlichen, aber immer vom Menschen nicht beeinflussbaren Quellen zugesprochen. Als Beispiele seien genannt:
Trotz der Möglichkeit, als Quelle des Naturrechts sowohl Gott als auch den Menschen anzusetzen, kann es nicht im Sinne der modernen Naturwissenschaft verworfen werden, sondern bildet einen Hauptgegenstand der Moral- und Rechtsphilosophie. Nach Johannes Messner besteht das für das Naturrecht als Hauptbasis angesehene (spezifisch menschliche) Naturgesetz „nicht in einem unveränderlich für alle Zeiten gleichen Moralkodex, vielmehr in den das vollmenschliche Sein bedingenden und den Menschen verpflichtenden Grundwerten oder Grundprinzipien, die nur in ihrem allgemeinen Gehalt unveränderlich und nur insoweit absolute Geltung besitzen, als sie dem unveränderlichen und selbst einen absoluten Wert darstellenden Grundwesen der Personnatur des Menschen entsprechen“.
Abgrenzung zum Rechtspositivismus
Dem gegenüber verneinen andere rechtsphilosophische Überlegungen die Geltung eines überpositiven Rechts und halten nur dasjenige für verbindlich, was durch einen rechtsetzenden Akt als positives Recht normiert worden ist.
Es ergeben sich bei beiden Konzeptionen Schwierigkeiten: Durch die Annahme eines überpositiven Rechts werden elementare moralische Grundsätze, seien diese ethisch oder religiös motiviert, dem Zugriff der positiven Gesetzgebung entzogen, was diese Grundsätze einerseits stärkt, andererseits sie aber nur in dem Maße verwirklichen lässt, wie über deren Bestand ein möglichst breiter Konsens herrscht.
Bedeutung
Das Naturrecht (als Idee der unveräußerlichen Rechte) bildet eine wesentliche Argumentationsgrundlage bestimmter Rechtsgebiete wie denen der Menschenrechte oder des Völkerrechts. Das Naturrecht ist dann jener Teil des menschlichen Naturgesetzes, der sich auf das gemeinschaftliche Leben bezieht, denn erst wo Gemeinschaft, dort auch Recht, weshalb Johannes Messner so definiert:
„Naturrecht ist Existenzordnung, Grundordnung des Existierens des Menschen als Mensch, im wahrsten und vollsten Sinn von 'Existieren', die Ordnung, deren Forderungen ihm mit diesem Existieren in ihrem bestimmten Inhalt bewusst werden gemäß dem Prinzip, daß alle Erkenntnis durch die Erfahrung bedingt ist, auch die der Prinzipien der Rechtsvernunft als Teil der praktischen Vernunft. So erfasst, werden diese Forderungen von der voll entfalteten Vernunft in ihrer allgemeinen in sich gewissen Wahrheit und in ihrer allgemeinen verpflichtenden Geltung eingesehen.“
Ein Beispiel für überpositives Recht stellt nach herrschendem Rechtsverständnis die Würde des Menschen dar. Das deutsche Grundgesetz garantiert diese zwar in Artikel 1 GG, doch wird ihre Unantastbarkeit hier nur als Prinzip des Rechts dargestellt; folgen soll sie vielmehr als allgemein gültiger Rechtssatz aus vorgelagerten ethischen oder religiösen Anschauungen, die für alle menschlichen Gesellschaften gelten sollen. Eine Konsequenz dieser Auffassung ist, dass die Menschenwürde nicht nur unantastbar, sondern insbesondere auch unverzichtbar sein soll. Der Rechtsträger kann also nicht wirksam in ihre Verletzung einwilligen. Darüber hinaus führt der Gedanke, die Menschenwürde sei durch überpositives Recht vorgegeben, auch dazu, dass auch außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes ein Eingriff in die Menschenwürde eines Individuums keinen Gehorsam erwarten dürfe. Der Eingriff verstoße gegen das gerade von keinem Rechtsetzungsakt geschaffene, sondern aus sich heraus geltende überpositive Recht.
Des Weiteren ist von überpositivem Recht immer dann auszugehen, wenn von "Sitten" die Rede ist, so zum Beispiel in Art. 2 GG, § 138 BGB, § 242 BGB oder § 826 BGB.
In die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes floss das Naturrecht immer wieder auf dem Wege der Radbruchschen Formel ein, die unter bestimmten Umständen dem Naturrecht Vorrang vor dem positiven Recht gewährt.
Kritik
Die Idee des Naturrechts entstammt dem Theismus, wo das göttliche Gesetz sich auch als Naturrecht zeigt. Mit dem Wegfall Gottes innerhalb eines naturalistischen Weltbildes ergibt sich für die Naturrechtstheorie das Problem der Entstehung (Genese) von Rechtsnormen jenseits menschlicher Institutionen, insbesondere wenn diese für alle Menschen kulturunabhängig gelten sollen.
Naturrecht wäre demzufolge in Wirklichkeit eine falsch bezeichnete ethische Theorie mit einer naturalistischen Metaethik inklusive der Idee, dass auch Gerichte in Fällen von besonders moralwidrigen positiven Gesetzen nicht anhand dieser Gesetze, sondern stattdessen anhand grundlegender Moralprinzipien urteilen sollten.
Diese Deutung entspricht der Begriffsgeschichte. Bei Christian Wolff bezeichnet der Ausdruck Lex naturae einfach das Sittengesetz, die moralischen Pflichten sind officia naturalia.
Ein derartig verstandes Naturrecht ist mit dem Rechtspositivismus vereinbar, hat aber das moralphilosophische Problem der Auffindung und nichtkonventionellen Begründung elementarer Normen.
Bedeutende Vertreter naturrechtlicher Vorstellungen, bzw. überpositiven Rechts
Bedeutende Kritiker des Naturrechts und des überpositiven Rechts
Siehe auch
Literatur
Weblinks
Einzelnachweise